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Mit der S-Bahn in die Wildnis: Erstes Forststeig-Trekking der Sektion Dresden des Deutschen Alpenvereins

Lange bevor Sachsenforst den Steig im April 2018 eröffnete, hatte ich Berichte darüber gelesen: Vom Sandsteinblogger Hartmut Landgraf, vom Kartografen Rolf Böhm und von anderen Testgehern. Mich faszinierte der Gedanke, den gesamten Forststeig am Stück zu gehen. Allein die problematische Trinkwassersituation hielt mich davon ab: In den Trekking-Hütten und an den Biwakplätzen gibt es keins.

Da kam mir in diesem Jahr die erste Forststeigtour unserer Sektion als Einstieg gerade recht. Mit kundigem Tourenleiter (Ralf Schmädicke) waren wir zwei Tage lang zu acht unterwegs: Robert, 25 Jahre alt, hat den halben Sommer auf Wanderungen in den Alpen verbracht und dort seine Wanderleiterausbildung abgeschlossen und sieben Frauen, alle ungefähr doppelt so alt wie Robert. - Robert hat gut mit unserem Tempo mitgehalten :)

 

Aber der Reihe nach. An einem frühen Samstagmorgen im August kommen wir mit der S-Bahn aus Dresden in Schöna an und  starten hier auf dem Forststeig. Der Boden im Wald dampft schon jetzt, erste Schweißtropfen finden ihren Weg stirnabwärts. Die erwarteten 30 Grad Tageshöchsttemperatur kündigen sich schwülwarm an.

 

Wir laufen in einer Reihe. Der Weg durch Gräser und Farnkraut ist schmal, aber gut erkennbar. Es geht auf den Großen Zschirnstein und dann steil bergab zum Zschirnsteinbiwak. Der Forststeig pendelt einige Zeit zwischen Tschechien und Deutschland hin und her. Kleine weiße Tupfer gucken gelegentlich aus dem Gras hervor: Grenzsteine. An einer Quelle füllen wir die Wasserflaschen auf. Immer wieder sehen wir vom Borkenkäfer geschädigte Bäume.

Anke Wolfert: Auf dem Forststeig unterwegs
Auf dem Forststeig unterwegs

Wir erreichen den Taubenteich. Am dortigen Biwak treffen wir auf vier lustige junge Männer, die gerade dabei sind, arbeitsteilig Zelte, Grill und Bierbar aufzubauen, der vierte erwärmt zwei Dosen mit Eintopf an der Feuerstelle. Wir überrumpeln die vier fast ein wenig. Ich glaube, sie sind erleichtert, als wir nach kurzer Pause weiterziehen - zur Weidauer Hütte. Dort werden wir übernachten. Der Name täuscht, denn es sind zwei Hütten: eine Aufenthalts- und eine Schlafhütte. Diese Hütten bleiben Waldarbeitern und registrierten Gruppen vorbehalten. Als wir in die Schlafhütte eintreten, schlägt uns Gestank entgegen. Mehrere Farbdosen und Pinsel in Gläsern stehen auf dem Boden, alles muss raus, wir öffnen die Fensterläden und die Fenster ganz weit.

 

Zum Abendessen am Holztisch mitten im Wald stellt jeder hin, was er hat. Ich bin erstaunt, was die anderen so aus ihren Rucksäcken hervorzaubern: Mehrere Bierfläschchen und das eine und das andere Weinfläschchen (Roter!). Die Verkleinerungsform signalisiert, dass niemand das Gewicht seines Rucksacks völlig außer Acht ließ. Einzig bei Robert bin ich mir nicht so sicher. Er legt eine ganze Bierwurst auf den Tisch. Die wiegt bestimmt ein Kilo! Und wenn ich mich nicht irre, erwähnte Robert, dass er 5 Liter Trinkwasser mit sich führte…

 

Ich habe zwei Packungen dieser speziellen Trekkingnahrung dabei (hohe Kalorienzufuhr bei geringem Eigengewicht), die man nur noch mit heißem Wasser aufgießen muss. Jede Hütte am Forststeig hat schließlich eine Feuerstelle, hatte ich gelesen. Hat sie auch. Aber keinen Topf. Also nix mit heißem Wasser. Daher ziehe ich meine mitgebrachten Brote am Abend in die Länge. Eine meiner Mitwanderinnen sieht mein Elend und gibt mir noch etwas von ihrem Brot ab. (Danke, Ria!)

 

Wir genießen den Abend im Wald, sitzen vor der Hütte und plaudern. Irgendwann höre ich jemanden von der anderen Tischseite fragen: „Anke, schläfst Du?“ Ich gebe zu, der erste Trekkingtag war anstrengend, mir sind am Tisch die Augen zugefallen. Aber Schlafen würde ich das nicht nennen. Ich gehe zu Bett, die anderen folgen bald. In unserem Falle heißt Zubettgehen: Wir legen uns auf den Holzfußboden der Hütten. Und eine von uns schläft sogar draußen - auf dem Holztisch vor der Hütte – und nur im Schlafsackinlet. Das ist in der Nacht auf den 1. September ziemlich mutig, die Nacht wird frisch.

Am nächsten Morgen bereite ich mein Porridge mit kaltem Wasser zu. Klingt scheußlich, aber das Wasser habe ich aus einem Bächlein selbst geschöpft und anschließend persönlich handgefiltert. Das Ergebnis ist „Craft Water“. Entsprechend schätze und genieße ich es. Übrigens: Von uns neun Forststeiggehern filtern nur zwei – der Tourenleiter und ich. Die anderen trinken das Wasser direkt aus dem Bach. - So schlecht kann es nicht gewesen sein, denn nachts bleibt es ruhig, das Plumpsklo vor der Weidauer Hütte wird nicht gestürmt.

 

Wir starten zur zweiten Tagesetappe und laufen zunächst über den Hühnerberg zur Trekkinghütte „Willys Ruh“. Dort überraschen wir vier Wanderer beim Frühstück. Die haben sogar Kaffee! (Dem mitgeführten Gaskocher sei es gedankt.)

 

Der Forststeig führt uns nach Kristin Hradek und weiter hinauf zum Hohen Schneeberg. Für die 200 Höhenmeter vom Fuße des Schneebergs brauchen wir eine halbe Stunde. Am Imbiss-Kiosk oben gönnt sich jeder eine eiskalte Cola. Danach laufen wir gemächlich über das Hochplateau des Tafelbergs - und genießen.

Anke Wolfert: Aufstieg zum Hohen Schneeberg
Aufstieg zum Hohen Schneeberg
Anke Wolfert: Auf dem Hohen Schneeberg
Auf dem Hohen Schneeberg

Der Himmel droht mit Gewitter. Unser Tourenleiter konsultiert seine Wetter-App und schlägt vor, in den Ort hinabzusteigen und bei einer längeren Mittagspause das Gewitter über uns hinwegziehen zu lassen. Wir setzen uns zum Mittagessen in den Schweizer Hof. Das Essen ist gut. (Die Knoblauchsuppe!) Der Umrechnungskurs – wir zahlen in Euro – ist für den Wirt recht vorteilhaft.

 

Das Gewitter macht uns keinen Ärger. Wir setzen unsere Wanderung fort und steigen in Rosenthal in den Bus nach Königstein und dort in die S-Bahn nach Dresden. Alle Teilnehmenden sind sich einig: Wir wünschen uns fürs nächste Jahr eine Anschlusstour auf dem Forststeig!

 

Gepäck

Obwohl ich mit jedem Gramm sparte, wog mein Rucksack 11 kg. Neben Schlafsack, Isomatte und Verpflegung für zwei Tage waren auch 3 Liter Trinkwasser dabei. Und ein einfacher Wasserfilter. Letzterer war meine „Stand-by-Prophylaxe“.

 

Strecke

Tag 1: Schöna – Großer Zschirnstein – Zschirnsteinbiwak – Grenzbaude –- Taubenteich – Weidauer Hütte (17 km, 640 Hm im An- sowie 360 Hm im Abstieg)

Tag 2: Weidauer Hütte – Hühnerberg – Willys Ruh - Kristin Hradek – Hoher Schneeberg – Hotel Schweizer Hof – Bushaltestelle Rosenthal (18 km, 330 Hm im An- sowie 240 Hm im Abstieg)